bookmark_borderEine spannende Geschichte

Als es mir zu Ohren kam, war alles schon vorbei. Dieses Kind, das die Welt retten sollte, dieser Heiland schon geboren. Der Stern hatte schon geleuchtet, die drei Weisen waren schon an- und wieder abgereist und auch diese ganze Nummer mit Hirten auf dem Felde und den himmlischen Heerscharen war vorbei. Ich erfuhr immer als letzter die spannenden Dinge die passierten. Ich hatte oft den Eindruck, die Anderen verheimlichten mir absichtlich etwas. Ich hörte sie oft tuscheln, hinter meinem Rücken. Über mich, aber auch über Ereignisse, von denen sie nicht wollte, dass ich sie mitbekam. Ich hörte es dann Wochen später zufällig als ich auf dem Markt war. Neben mir erzählten sich zwei Frauen die Geschichte. Auch die Sache, dass die Eltern wohl erst keinen Schlafplatz für die Nacht fanden – da erinnerte ich mich auch daran, wie damals die Stadt voller Menschen gewesen war – und wie sie dann herumgeirrt waren um schlussendlich nur einen Stall als Nachtquartier nahmen um wenigstens irgendein Dach über dem Kopf zu haben.
„Wie spannend eigentlich, diese Geschichte“, dachte ich. Das müsste man mal alles aufschreiben. Und wisst ihr was? Das habe ich dann auch gemacht.

Inspirationswort: ears
Zeit: 7 Minuten, 3 Sekunden

bookmark_borderAuf die Nuss!

Abends, wenn das Licht ausging, ging der Kampf los.
Nebeneinander unter dem Weihnachtsbaum standen die vier Weihnachtsteller. Für jeden in der Familie einer. Darauf, Marzipankartoffeln, Spekulatius, Mandarinen, Konfekt und verschiedene Arten von Nüssen. Und Nüsse mögen sich nicht. Also gegenseitig. Das wissen viele Menschen nicht, dass jede Nuss eigentlich jede Nuss einer anderen Art hasst. Wahre Rassisten sind das. Es zählt nur die eigene Art. Alle anderen sind minderwertig. Und so war Krieg unter der Tanne jede Nacht. Tagsüber konnten sich die Nüsse zusammenreißen. Bis auf ein paar kleine Rempler zwischendurch, die aber für das menschliche Auge meist nicht erkennbar sind. Aber nachts ziehen sie ins Gefecht. Da drängen die kleinen Haselnüsse die dicken und behäbigen Walnüsse so weit zum Rand, dass sie vom Teller stürzen. Die ein oder andere Walnuss holt sich dabei den entscheidenen Knacks in der Schale, die dann ihr Schicksal besiegelt wenn sie einmal im Nussknacker steckt. Die harten Paranüsse halten sich für die allerbesten Nüsse überhaupt. Weil an ihrer harten Schale so mancher Nussknacker sich die Zähne ausbeißt, sind sie oft irgendwann in der Überzahl, wenn die Hasel- oder Walnüsse schon den hungrigen Weihnachtsfeiernden zum Opfer gefallen sind. Dann machen sie sich richtig breit auf den Weihnachtstellern, nehmen auch schonmal eine Haselnuss in die Mangel – und drücken eine solche gerne mal zwischen zweien ihrer eigenen Art so lange, bis die Schale nachgibt und der wehrlose Haselnusskern über den Teller kullert.
Am schlimmsten sind aber die Erdnüsse dran. Weil sie eigentlich gar nicht zu den Nüssen gehören, sich gerne aber so nennen, sind sie es die am meisten gehasst und am wenigsten toleriert werden. Es kommt vor, dass im Kampf gegen eine Erdnuss auch Hasel- und Walnuss mal gemeinsame Sache machen. Sie stoßen dann zum Beispiel die Erdnuss so lange hin und her, bis ihre leichte Schale ganz bröselig wird und an vielen Stellen aufplatzt. Dann wir die Erdnuss mit festem Druck zum Beispiel gegen eine Mandarine gepresst. So dass auch die Mandarine eine Delle bekommt. Und wenn HAsel und Walnuss Glück haben, fängt dann die Mandarina bald an zu schimmeln und zieht die wehrlose Erdnuss mit in den pelzigen Untergang. MAnchmal bewerfen sich die Nüsse aber auch nur mit Schokoladentalern oder versuchen sich gegenseitig mit herabgefallenen Tannennadeln zu erdolchen. Was aber meist zwecklos ist, denn dafür sind die Schalen aller Nüsse dann doch zu dick.
Aber wenn morgens das Licht angeht im Wohnzimmer liegen sie wieder traulich vereint Seit an Seit auf den Weihnachtstellern als sei nichts gewesen. Aber wenn ihr euch über den Teller beugt und ganz ganz leisten seit, könnt ihr vielleicht von hinten, aus der Ecke wo die schimmelnde Mandarine liegt, die Erdnuss fluchen und jammern hören. Oder ihr erwischt eine Walnuss dabei, wie sie heimlich über einen Erdnusswitz lacht, den eine Haselnuss ihr erzählt hat.

Inspirationswort: Erdnuss
Zeit: 17:23

bookmark_borderEiscreme

Es war zwecklos. Er hatte sein ganzes Geld in diesen Eiswagen gesteckt – mehr hatte er nicht. Und sonst auch nichts. Er musste also Eis verkaufen. Aber an eines hatte Jan nicht gedacht: An den Winter. Und im Winter kaufen Menschen kein Eis. Zu kalt, zu nass und auch überhaupt sind weniger Leute draußen – auf der Straße, in Park oder auf Festen – an all den Orten wo er im Sommer noch einen guten Umsatz gemacht hatte, fror er jetzt nur einsam in seinem VW, da niemand kam. Niemand wollte Eis kaufen. Nicht Vanille, nicht Stracciatella, nicht Erdbeer oder Mango. Im Oktober und sogar Anfang November hatte Jan noch Glück gehabt. Da hatte es ein paar warme Tage gegeben an denen er einige Kugeln hatte verkaufen können. Aber jetzt war es Dezember und das Eiswetter absolut vorbei.
Er stand vor dem Südtor des Nienstein-Parks, sah vereinzelt Menschen vorübereilen, die Mantelkrägen hochgeschlagen oder das halbe Gesicht in langen Schals verhüllt – so kalt und ungemütlich war es heute. Um ein Eis zu essen hätten sich die Menschen auch die Handschuhe ausziehen müssen – wer machte denn schon sowas.
Nein, heute sollte Schluss sein! Das war doch alles eine Schnaps-Idee mit der Karriere als Eisverkäufer. Jan beschloss, den gelben VW-Bus wieder zu verkaufen – oder zu verschenken notfalls. Er hatte genug von Eis, vom Frieren, von Waffel oder Becher von Milcheis oder Sorbet. Er würde einfach sein Studium wieder aufnehmen und abends in irgendeiner Neustadt-Kneipe jobben um über die Runden zu kommen. Bier und Cocktails waren wenigstens das ganze Jahr gefragt. Noch einmal blickte er in den Park, die kahlen Bäume, den See auf dem sich erstes Eis bildete, auf die Weihnachtsbeleuchtung, die über dem Tor aufgehängt war.
Dann ging er nach vorne, setzte sich auf den Fahrersitz und nahm den Autoschlüssel in die Hand. Er würde einfach nach hause fahren, sich mit einer heißen Tasse Tee ins Bett legen und einfach nichts tun bis dieses blöde und erfolglose Jahr um war. Auch Weihnachten sollte ihm gestohlen bleiben. Geld für Geschenke hatte er sowieso nicht mehr. Er könnte höchstens die angebrochenen Eis-Boxen verschenken. „Hier, für dich, dreieinhalb Liter altes Vanilleeis – Frohes Fest!“ Hah! Soweit war es mit ihm gekommen.
Gerade als er den VW starten wollte, klopfte es an die Scheibe des Verkaufsraumes.

Inspirationswort: ice cream
Zeit: 12:15

bookmark_borderEntenbraten

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Ui, war das lecker. Tim zerrupfte mit Genuss das Stück der Weihnachtsgans, das neben ein paar Erbsen, Möhren und Brokkoli auf seinem Teller lag. Weihnachten war großartig weil es Geschenke gab – das war klar. Aber er war auch Großartig wegen des Entenbratens. Tom liebte Entenbraten, aber nur einmal im Jahr, eben an Weihnachten, ließ sich sein Vater dazu hinreißen den Braten … zu braten. Der 23. Dezember war dafür exklusiv reserviert. Da wurde morgens eingekauft und nachmittags vorbereitet. Toms Vater bereitete dann die Marinade zu, aus Öl, mit Salz, Pfeffer und viel Knoblauch und Paprikapulver, in die die Ente über Nacht eingelegt wurde.
Am nächsten Morgen, dem 24. vormittags wurde, während Toms Mama mit Marie den Baum schmückte, die Ente gefüllt. Und Tom durfte helfen. Orangen, Äpfel, Zwiebeln kamen in den Entenbauch. Und Kräuter noch – Rosmarin zum Beispiel. Und dann ab in den Ofen für zwei bis drei Stunden. Dazu noch die Sauce, in die etwas echte Schlagsahne reinkam, und fertig war das Festessen. Das war Tradition und sollte immer so bleiben.
Nach dem Essen, zu dem auch Oma, Opa und Onkel Volker gekommen waren ging es in die Kirche und die Spannung auf die Bescherung stieg. Abends gab es dann endlich die Geschenke. Tom konnte es kaum erwarten und riß ein Geschenk nach dem anderem auf. Neben einem Lego-LKW, ein paar Socken, zwei CDs, einem Brettspiel, einer Playmobil-Figur und ein paar anderen Spielsachen bekam er auch etwas über das er sich besonders freute: Ein Buch mit Rezepten für Entenbraten! Wow! Das musste er direkt ausprobieren. Am besten gleich morgen.

Suchworte: pea + christmas
Zeit: 11 Minuten 52 Sekunden

bookmark_borderDie Maus

Für eine Maus ist es nicht leicht im Winter. Zumindest wenn sie es nicht geschafft hat ausreichend Vorräte bis zum Frühjahr anzulegen. Denn wenn es draußen kalt ist, frieren auch die Mäuse und wenn sie dann den Schutz ihres Mauselochs verlassen müssen um nach Futter zu suchen, kann so ein kleiner Mausekörper ganz schnell zu kalt werden.
Aber manchmal muss eine Maus dieses Wagnis eingehen. So wie die Maus, von der unsere Geschichte handelt. Sie lebte in einem gemütlichen Mauseloch in den WUrzeln einer alten Birke, in der Nähe eine kleines Dorfes. Es war ihr erster Winter. Im Herbst hatte sie sich natürlich Vorräte angelegt und in einer Ecke ihrer Höhle gelagert, aber so unerfahren wie sie war hatte sie zu wenig gesammelt – oder die ihren Vorrat nicht gut eingeteilt. Jedenfalls war es gerade mal Mitte Dezember und ihre Vorräte schon aufgebraucht. Einzig ein halbes Weizenkorn lag einsam in der Ecke. Aber die Maus hatte Hunger und so machte sie sich auf den Weg nach draußen.
Der Wind pfiff ihr um die kleinen Öhrchen, als sie über den vereisten Boden tapste um irgend etwas essbares zu finden. Aber es gab nichts. Kein einziges Körnchen, kein Rest Kastanie oder Buchecker, kein noch so verfaultes Stück Fallobst war zu finden. Es war schon spät am Tage und die Dämmerung entzog dem Tag immer mehr Licht. Es wurde dunkler und dunkler und das Mäuschen wurde immer verzweifelter. Hier musste doch irgend etwas zu finden sein. Immer weiter und weiter lief sie auf der Suche nach einem kleinen Happen, vielleicht auch eine Brotkrume, die ein Mensch verloren hatte, eine Nuss oder Beere. Aber ihr Suchen blieb ohne Erfolg. Als es der Maus zu kalt und zu dunkel wurde, drehte sie um. Wollte nach hause, in ihr Mauseloch – da war es zumindest warm.
Doch, sie hatte sich verlaufen. In Dunkelheit und ihrer Verzweiflung war die Maus immer weiter von ihrem mauseloch weggelaufen, bis sie schließlich nicht mehr wusste wo sie war oder wie sie nach hause kommen könnte. Sie lief und lief, doch nirgends sah sie die alte Birke, die ihr den Weg nach hause gewiesen hätte. Ihr wurde immer kälter und kälter. Dennoch lief sie weiter. Sie musste doch nach hause.
irgendwann konnte sie nicht mehr. Sie musste eine Pause machen. Sie legte sich an den Fuß eines Baumes um sich zu erholen. Wenn nur diese kälte nicht wäre, die sie immer noch kälter machte. So kalt und kalt schloss sie bald ihre kleinen Augen.
Als sie erwachte lag sie in einer Art sehr eckicken Mausehöhle – einer Art Kiste. Unter ihr etwas weiches, Stoff vielleicht. Sie verstand nicht, wo sie war. Dann erkannte sie in einer Ecke der Kiste Nahrung: Ein paar Stückchen Äpfel, drei Nüsse und eine halbe Scheibe Käse. Sie stürzte sich auf das Futter und begann zu fressen. Es war ihr egal, wo sie war. Es war warm und sie hatte etwas zu essen. Der Rest war ihr egal.
Ihre neue Höhle sah gemütlich aus. Hier wollte sie bleiben.

Und hätte die Maus ihre Höhle von außen gesehen, hätte sie sich vielleicht sogar über das Geschenkpapier und die Schleife gefreut, die ihre Höhle umgab.

Inspirationswort: mouse
Zeit: 17:36

bookmark_borderUrzeitweihnachten

Sie waren gerade dabei, die Weihnachtgeschichte nachzuspielen. Als Probe für das große Krippenspiel an Heiligabend. Aus ein paar alten Baumstämmen hatte sie einen kleinen Stall gebaut, weich mit Farnblättern ausgelegt und Theo, der jüngste und kleineste von Ihnen musste das Jesukind spielen und lag ein wenig erhöht auf einem Stein in der Mitte des Stalls. Fiona spielte Maria und Tom den Josef. Auf Ochs und Esel und auch auf Schafe verzichteten sie. Das wären zu viele Tiere im Stall, fand Fiona. Aber es gab ja auch noch andere Rollen zu verteilen. Die heiligen drei Könige zum Beispiel. Die wurden gespielt von Brian, Leo und Sophie. Sophie war mit Abstand die größte von allen. Mit ihrem langen Hals überragte sie sogar Leo wenn er sich ganz aufrichtete. So gaben sie ein etwas ungleiches aber sympathisches Trio ab. Die drei Könige waren schon ziemlich am Anfang des Krippenspiels zu sehen. In der ersten Szene wurden ganz klassisch Maria und Josef gezeigt, wie sie nach einer Herberge suchten und schließlich den Stall fanden. Gleich in der zweiten Szene sah man dann die drei Könige wie sie den leuchtenden Stern entdecken und beschließen, ihm zu folgen.
Und das war auch die Stelle an der die Probe gerade angekommen war. Die drei standen vor einer Gruppe kleiner Bäume (die man hinter ihnen aber kaum sah) und sollten nun den Stern entdecken. Sophie (deren Kopf natürlich am höchsten war) hatte die Aufgabe, den Stern als erstes zu entdecken. Sie blickte also plötzlich interessiert in den Himmel. „Hey, schaut mal da – am Himmel!“ rief sie aus.
„Das ist der falsche Text,“ sagte Brian. Du musst zuerst sagen: „Oh seht doch!“, motzte Brian, der alles gerne sehr genau nahm, direkt los. „Nein.“, rief Sophie jetzt aufgeregt. „Da ist wirklich ein heller Schein am Himmel.“ Brian und Leo schauten nach oben und auch Maria, Josef und das kleine Jesukind, traten aus ihrem Stall heraus und blickten in den Himmel. Tatsächlich – ein heller Schein war am Himmel zu sehen – trotz des Tageslichtes konnte man ihn hinten über den großen Bergen gut erkennen. Das Licht schien sich sogar zu bewegen. Sophie war ganz aufgeregt: „Hurra – wir haben ein echtes Himmelslicht für unser Krippenspiel! Schnell, lasst uns weiterproben, bevor es vorbei ist.“.
Leo, der sich aufgerichtet hatte, ließ sich wieder auf seine vier Füße nieder. „Ok, wo waren wir? Dann machen wir weiter.“ Aber Brian ließ das nicht zu: „Ich spiele hier nicht weiter wenn alle so abgelenkt sind. Das macht doch keinen Sinn. Wir warten jetzt, bis das Ding da oben weg ist und dann spielen wir weiter. Außerdem habe ich Hunger, ich geh und reiße noch ein paar Blätter von den Bäumen.
Sophie, Leo und die anderen willigten ein, obwohl Sophie traurig war, dass sie die Probe beendeten. „Ach komm, Sophie“, versuchte Leo sie aufzuheitern und stupste sie sachte mit seinem Kamm, „ist doch kein Weltuntergang.“
Dann betrachteten sie weiter das Himmelschauspiel. Das Licht hatte sich tatsächlich bewegt und war nun schon ganz dicht über den Gipfeln der Berge. Bald war es dahinter verschwunden. Leo, Sophie und Brian waren gerade auf dem Weg zum großen Wald wo sich ihre Eltern aufhielten, als die Erde bebte.

Suchworte: Dinosaur
Kein Bild
Zeit: ca. 18 Minuten

bookmark_borderTanken

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„Ho ho Ho! Einmal volltanken, bitte!“, sagte ich als ich aus meinem Wagen ausgestiegen war.
Es war als Scherz gedacht gewesen, denn dort stand, neben Zapfsäule 3, der Weihnachtsmann. Zunächst hatte ich gedacht, er sei einfach einer der tausendfach verkleideten Weihnachtsmanndarsteller, die in dieser Zeit in der ganzen Stadt herumliefen und nur zufällig an der Tankstelle gestrandet. Umso erstauner war ich aber, als der Weihnachtsmann tatsächlich zur Zapfpistole griff, nochmal frage: „Voll?“, und auf mein überraschtes Nicken hin, die Zapfsäule in die Tanköffnung steckte und meinen Mercedes volltankte.
Als er fertig war, zog er die Zapfpistole wieder heraus, hängte sie an die Säule und lächelte mir zu.
Ich ging in den Tankstellenshop, bezahlte das Benzin und eine SportBild, die ich immer beim Tanken hier kaufe, ging zurück zum Auto und öffnete die Tür. Die Zeitschrift werfe ich gewöhnlich schon beim Öffnen der Tür auf den Beifahrersitz. So auch diesmal. Aber seltsamerweise landete sie auf dem FAHRERsitz, nicht auf dem Beifahrersitz. Denn dort saß – der Weihnachtsmann. Und wieder lächelte er mich an. Und dieses Lächeln war von so einer Echtheit und Wärme umgeben, dass ich in diesem Moment nicht anders konnte als zu glauben, das sei der echte Weihnachtsmann. Aber im nächsten Moment holte mich mein Verstand wieder ein. Das konnte nicht sein. Den Weihnachtsmann gibt es doch gar nicht. „Was willst du?“ fragte ich also den Fremden, der dort augenscheinlich in einem rot-weißen Weihnachtskostüm auf meinem Ledersitz saß. „Willst du Geld? Ich hab keins dabei – nur Karten.“, sagte ich weiter.
„Ich brauche dein Auto.“, sagte der Mann. „Mein Schlitten ist kaputt. Kufe gebrochen. Irgendwie muss ich die Geschenke doch noch verteilen.“
Es war Weihnachten, ich musste eigentlich schon längst zu hause bei Verena und den Kindern sein. Ich war genervt von diesem Typen, der sich einfach in mein Auto schleicht. Naja, wenigstens hat er getankt, dachte ich. Vielleicht fahr ich ihn zu Polizei – die können ihm sicherlich helfen, was auch immer sein Problem ist.
Ich startete also den Motor, sagte „Ok, Weihnachtsmann, anschnallen!“ Und fuhr los. Es war schon dunkel, außerdem ein feuchter, diesiger Tag gewesen. Die Straßen waren nass, die Luft voll mit dieser Diesigkeit. Der Weihnachtsmann sagte nichts. Die Sicht war schlecht. Ich hatte Mühe mich zu orientieren, alles nervte mich. Ich wolte nur noch diesen Idioten loswerden und dann nach hause an den Weihnachtsbaum.
Mein Beifahrer schien meine Nervosität zu merken, schaute mich an, dann wieder nach vorne, dann wieder zu mir und wieder nach vorne. Dann lächelte er mich wieder an und sah mir dabei tief in die Augen – zumindest einen kleinen Moment lang, den ich nicht auf die Straße schaute. Als ich meinen Blick wieder nach vorne richtete, sah ich einen Schein auf meiner Motorhaube. Der Mercedesstern leutete rot und erhellte so die diesige Straße. Ich rieb mir mit der rechten Hand beide Augen, sah den Weihnachtsmann an. Dann viel mein Blick in den Rückspiegel. Der Fond meines Wagens und der ganze Kofferaum war voll mit bunten Geschenken.

Suchworte: tank + christmas
Zeit: 16 Minuten, 55 Sekunden

bookmark_borderTaubenschlacht

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Guruh, Guruh und flatter flatter,
der Taubenschwarm rauscht an.
Und landet mitten auf dem Platz
vor unserer Weihnachtstann.

Sie laufen hektisch hin und her
die Tauben aus dem Schwarm.
Für Weihnachten ist’s heute hier
irgendwie zu warm.

Jetzt findet eine Taube was
es liegt ganz dicht beim Baum:
Ein altes Brötchen und Pommes Frites
für Tauben ist’s ein Traum.

Die andern merken es dann auch,
und fliegen schnell heran.
Sie picken und sie scheuchen sich,
jeder will mal ran.

Es wird geschriehen und gekämpft,
denn man darf nicht vergessen,
auch eine Taube will doch wohl
ein schönes Weihnachtsessen.

Zeit: 7 Minuten, 38 Sekunden
Suchworte: pigeon + christmas

bookmark_borderDer Spatz und das Bonbon

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Es war ein ungewöhnlich warmer 22. Dezember Generell war der Winter noch nicht kalt gewesen, kein Schnee bisher, jedoch viel Regen. Als Larissa zu Schule ging, hatte sie eine Tüte Bonbons dabei, die sie am Vortag bei der Weihnachtsfeier ihres Kinderchores bekommen hatte. Jedes Kind hatte ein kleines Säckchen bekommen, gefüllt mit ein paar Süßigkeiten und Nüssen. Und dabei war diese Tüte mit Bonbons gewesen. Es waren keine ganz festen Bonbons, sie waren eher weich und klebrig. Eher Gelee-Bonbons.
Als Larissa also ihre Straße entlang lief, zur Bushaltestelle, holte sie die Tüte Bonbons aus der Tasche ihrer roten Winterjacke. Sie griff in die Tüte und angelte sich eines der Bonbons heraus. Gerade in dem Moment, in dem sie sich das Bonbon in den Mund stecken wollte, sah Lars sie. „Hey, Larissa“, reif Lars, der schon im Wartehäuschen der Bushaltestelle stand. Larissa schaut auf, vergaß für einen Moment das Bonbon und da war es auch schon passiert. Das Bonbon fiel ihr aus der Hand und landete auf den grauen Platten des Bürgersteiges. Larissa ärgerte das zwar ein wenig, sie verschwendete aber nicht viel mehr Gedanken an das Bonbon – sie hatte ja schließlich noch mehr davon. An der Bushaltestelle schob sie sich ein neues in den Mund, gab Lars auch eines ab und gemeinsam warteten sie auf den Bus. Der Bus kam bald, die Kinder stiegen ein und war wieder Ruhe an der Straße.
Die Geschichte könnte hier zu Ende sein. Jedoch kam sobald der Bus um die nächste Ecke gebogen war, ein kleiner Spatz angeflattert, landete auf dem Bürgersteig und hüpfte dort etwas herum. Plötzlich entdeckte er das Bonbon, das rot/grün schimmerte. Er hüpfte darauf zu, pickte danach mit seinem kleinen Schnabel und das Bonbon rutsche weg und drehte sich, so dass der Spatz es gar nicht recht zu fassen bekam.
Doch endlich schaffte er es, das Bonbon in den Schnabel zu nehmen. Er schmeckte auch einem Spatzen köstlich. Der Spatz wohnte zur Zeit in dem alten Nistkasten, der an der großen Birke der Ecke Kastanienstraße/Jakob-Hollstein-Weg hängt. Dorthin nahm der Spatz das Bonbon mit.
An Heiligabend schlug er es in Geschenkpapier ein, legte es unter den kleinen Tannenbaum und seine beiden Kinder freuten sich riesig über dieses tolle Weihnachtsgeschenk.

Suchworte: sparrow + christmas
Zeit: 11 Minuten, 33 Sekunden

bookmark_borderBis einer weint

62 Tage bis Weihnachten
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Sie stritten sich ums Festpaket
unter ihrer Tanne.
Rissen es schnell hin- und her,
der Leon und die Anne.

„Das ist für mich!“ schrie Leon laut,
da wackelten die Sterne.
„So ein Quatsch!“ schrie Anne schrill,
„ICH hätte es so gerne!“

So ging es noch minutenlang,
im Radio lief Heintje.
Doch half auch sein „Stille Nacht“,
nicht dass man sie vereintje.

Plötzlich riss Papier entzwei:
die Streithähne sie fielen
dadurch um und lagen dann
wild fluchend auf den Dielen.

„Ich kratze dir die Augen aus!“
rief Leon wild vor Wut.
Und Anne: „Ich brech dir den Arm –
soll’st seh’n wie weh das tut!“

So ging die Balgerei noch lang
bis beide schrecklich weinen.
Während am Baum und auf dem Tisch
die Weihnachtskerzen scheinen.

„So, jetzt ist Schluss“, sagt Anne dann,
„ich pack’s jetzt einfach aus!“.
„Wenn du das machst,“ faucht Leon gleich
„werf ich dich aus dem Haus!“

Am Ende haben sie dann doch
die Lösung gut gefunden.
Es dauerte schlussendlich nur,
knappe sieben Stunden.

Jetzt steht das Packerl in der Ecke
im Wohnzimmer der beiden.
Nicht aufpackt, doch können sie
sich endlich wieder leiden.

Suchworte: tear + christmas
Zeit: 13 Minuten, 49 Sekunden